Regina T. Riphahn

Grußwort der Vorsitzenden

Liebe Mitglieder des Vereins für Socialpolitik,

bevor sich das Jahr dem Ende zuneigt, möchten wir Sie mit diesem Newsletter zu den neuesten Entwicklungen in und um den Verein für Socialpolitik informieren.

Für den Verein war unsere Jahrestagung in Regensburg das herausragende Ereignis des Jahres. Wir konnten gemeinsam mit einem gleichzeitig würdigen und unterhaltsamen Festakt das 150. Jubiläum der Gründung des Vereins begehen. Bundesminister Habeck hat ein Videogrußwort gesprochen, Bundesminister Lindner hat vor Ort zum Programm beigetragen. Auch die Verleihung zahlreicher Preise zählte zu den Highlights der Konferenz. Die Tagung war erfolgreich und das Thema ‚Growth and the sociale Frage‘ hat die verdiente Aufmerksamkeit erhalten. Nächstes Jahr treffen wir uns Berlin!

Die Initiative des Vereins für eine Verbesserung des Forschungsdatenzugangs arbeitet intensiv weiter. Die Erhebung vom Januar wurde ausgewertet, 6 Stellungnahmen verfasst, die auf der Vereinswebseite und als RatSWD Diskussionspapiere erschienen sind. Im November haben wir unsere Anliegen im „Zeitgespräch“ der Zeitschrift Wirtschaftsdienst bekannt gemacht. Am 11.12. erschien ein Meinungsbeitrag in der FAZ und ein vergleichender Aufsatz, der die Ergebnisse ähnlicher Befragungen zum Datenzugang in der D-A-CH Region beschreibt, ist in Vorbereitung. Auch der Sachverständigenrat hat unserem Datenanliegen in seinem Jahresbericht ein eigenes Kapitel gewidmet. Momentan warten wir gespannt auf die anstehende Bekanntmachung der Eckpunkte des Forschungsdatengesetzes.

Die Ethikkommission des Vereins ist unter dem Vorsitz von Alexander Kriwoluzky aktiv und bereitet derzeit einen Flyer vor, in dem sie auf Workshop- und Weiterbildungsangebote hinweisen möchte. Für dieses Engagement ist der Verein sehr dankbar.

Der Verein ist neben X inzwischen auch auf LinkedIn aktiv. Wir werden dort regelmäßig über unsere Aktivitäten berichten. Es ist auch eine gute Gelegenheit für die Vereinsmitglieder, sich untereinander zu vernetzen. Also: Folgen Sie uns gern! Hier geht es zum Profil.

Ich wünsche Ihnen allen einen friedlichen Jahresausklang und freue mich auf unsere gemeinsamen Aktivitäten im Jahr 2024!

Mit bestem Gruss,
Regina T. Riphahn
Vorsitzende des Vereins für Socialpolitik

 

Wahlen

VfS Vereinswahlen im Jahr 2024

Im Jahr 2024 stehen wichtige Wahlen im Verein an: Neu gewählt wird der Engere Vorstand für die Amtsperiode 2025-2026 sowie zwei Mitglieder des Erweiterten Vorstands für die Amtsperiode 2025-2028. Aktuell sammelt die Wahlfindungskommission noch bis zum Jahresende Vorschläge aller Vereinsmitglieder zur Besetzung der Ämter. Vorschläge für Mitglieder des Engeren Vorstands müssen dabei von mindestens zehn VfS-Mitgliedern unterzeichnet sein. Vorschläge für den Erweiterten Vorstand müssen von mindestens fünf VfS-Mitgliedern unterstützt werden.

Sie können Ihre Vorschläge entweder per Post an die VfS-Geschäftsstelle (z.H. Wahlfindungskommission) oder per E-Mail an office@socialpolitik.org einreichen. Ihre Nominierungen werden bis zum 31.12.2023 entgegengenommen. Für weitere Informationen oder bei Fragen wenden Sie sich gern an die Wahlfindungskommission oder die VfS Geschäftsstelle.

 

VfS Kassenprüferwahl

Im November waren die VfS-Mitglieder dazu aufgerufen, in einer Nachwahl einen zweiten Kassenprüfer für das Jahr 2024 zu bestimmen. Die Mitglieder haben entschieden, Jochen Hundsdoerfer (FU Berlin) in das Amt zu wählen. Wir gratulieren ganz herzlich!

Er wird gemeinsam mit Gunther Friedl (TU München) die Kassenprüfung im Jahr 2024 durchführen.

Datenzugang

Der Datenzugang in Deutschland muss besser werden

Für Forschende wird folgendes kaum überraschend sein: Eine im Januar 2023 durchgeführte Erhebung unter den Mitgliedern des Vereins für Socialpolitik ergab, dass für ca. 80 Prozent der Antwortenden der Datenzugang für die Forschung in Deutschland schlechter ist als in vergleichbaren Ländern. Doch was kann getan werden?

Insbesondere da im kommenden Jahr die Verabschiedung eines neuen Forschungsdatengesetzes geplant ist, müssen Forschende gerade jetzt besonders deutlich machen, welche Bedarfe für eine international wettbewerbsfähige Spitzenforschung, eine informierte öffentliche Debatte sowie eine qualitativ hochwertige Politikberatung notwendig sind.

Der Verein für Socialpolitik geht dabei voran und hat in sechs Arbeitsgruppen Stellungnahmen zur Problemlage und zu konkreten Lösungsvorschlägen erarbeitet.

Hier finden Sie die Stellungnahmen auf unserer Website. Im Wirtschaftsdienst sind zudem Kurzfassungen der Texte erschienen (hier).

Übrigens hat auch der Sachverständigenrat Wirtschaft das Thema in seinem letzten Jahresgutachten aufgegriffen: Dem Thema Datenzugang wurde ein ganzes Kapitel gewidmet (hier). Wir hoffen, dass sich etwas bewegt!

Frauenförderung
Doris Weichselbaumer

Der Nobelpreis für Claudia Goldin

In den letzten Jahren haben zahlreiche Stimmen mehr Diversität im Fach Ökonomie gefordert. Die Verleihung des Nobelpreises an die Harvard-basierte Wirtschaftshistorikerin und Arbeitsökonomin Claudia Goldin für ihren „wesentlichen Beitrag zu unserem Verständnis der Arbeitsmarktergebnisse von Frauen“ (The Royal Swedish Academy of Sciences, 2023) ist daher ein wichtiges Signal. In ihrer langen und produktiven Karriere hat Claudia Goldin maßgeblich dazu beizutragen, Geschlechterfragen im Mainstream zu verankern.

In einer ihrer frühen Arbeiten hat Claudia Goldin eine „U-Kurve“ der Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen in den USA nachgezeichnet, in der ihr Beschäftigungsniveau während des Übergangs von einer landwirtschaftlich zu einer industriell geprägten Wirtschaft im 19. Jahrhundert zuerst sank und im 20. Jahrhundert mit dem Wachsen des Dienstleistungssektors (und dem Ende institutioneller Diskriminierung wie den „marriage bars“ (Goldin, 1988)) wieder stieg. Zusammen mit Lawrence Katz hat sie die zentrale Rolle aufgezeigt, die die Anti-Babypille beim massiven (Wieder-)Einstieg von Frauen in den Arbeitsmarkt spielte (Goldin & Katz, 2002), und in ihrer „pollution theory“ der Diskriminierung diskutierte sie, wie Frauen in männerdominierten Berufen ausgeschlossen werden, um den wahrgenommenen Status des Berufes zu erhalten (Goldin, 2014).

In ihrer jüngsten Arbeit geht sie auf die anhaltenden geschlechterspezifischen Einkommensunterschiede ein und führt diese auf die Reaktionen gebildeter heterosexueller Paare auf die Anforderungen von „greedy jobs“ zurück, d. h. solcher, die lange und unflexible Arbeitszeiten erfordern. Goldin argumentiert, dass die rationalen Entscheidungen solcher Paare dazu führen, dass Mütter die Hauptverantwortung für die Kindererziehung übernehmen und ihre Karrieren zurückschrauben, während Väter ihr Einkommen maximieren (Goldin, 2021).

Claudia Goldins bedeutende Beiträge für die Erforschung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt werden allseits gewürdigt und weiterführend diskutiert. Feministische Ökonominnen weisen etwa darauf hin, dass die geschlechtsspezifische Spezialisierung in der Ehe für die Hauptbetreuerinnen im Falle einer Scheidung mit erheblichen und langfristigen finanziellen Risiken verbunden ist. Sie stellen auch in Frage, ob lange Arbeitszeiten in männer-dominierten Berufen wirklich deshalb so gut bezahlt werden, weil sie eine produktivitätsbezogene Notwendigkeit darstellen (Folbre, 2022). Andere verweisen darauf, dass auch die schwierige Lage von weniger qualifizierten Frauen (Humphries, 2022) sowie die Situation von Frauen im globalen Süden (Abraham & Kesar, 2023) Aufmerksamkeit verdient.

Das Forschungsgebiet der Geschlechterökonomie ist heute im Wachsen begriffen. Viele Fragen sind derzeit noch unbeantwortet. Claudia Goldin ist eine der Wissenschaftlerinnen, denen wir die Grundlagen für dieses Feld verdanken.

Literatur

Nachwuchs
Christian Bayer

Nachwuchsförderung

Die Nachwuchsförderung gehört zu den Kernelementen der Arbeit im VfS. Viele Projekte helfen dabei, den (wissenschaftlichen) Nachwuchs zu unterstützen. Besonders erwähnenswert sind in diesem Jahr der VfS-Abiturpreis Wirtschaft, der in diesem Jahr einen neuen Rekord an ausgegebenen Preisen verzeichnen konnte sowie das Vortragsprämienprogramm, welches seit nunmehr über 25 Jahren existiert. Zunächst jedoch zu einer wunderbaren Initiative auf unserer Jahrestagung, die den wissenschaftlichen Nachwuchs auf den Übergang von der Promotion zur Professur vorbereitet:

Jobmarket-Seminar auf der VfS-Jahrestagung 2023

Auch bei der Jahrestagung in Regensburg wurde unter der Leitung von Rüdiger Bachmann (University of Notre Dame), Anna Louisa Bindler (Universität zu Köln) und Bastian Schulz (Aarhus University) wieder ein zweitägiges Jobmarket-Seminar durchgeführt. Die Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler lernten dabei in prakischen Übungen, in drei Minuten die Quintessenz eines wissenschaftlichen Papers darzustellen, den sogenannten Elevator Pitch, akademische Jobinterviews zu bestehen sowie Techniken für den Berufungsvortrag. Die Diskussionen waren lebhaft, mit freiem Geist, und viel Engagement. Aber: what goes on in Regensburg stays in Regensburg, damit die TeilnehmerInnen auf dem echten akademischen Jobmarket keinen Nachteil haben. Den Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern hat es jedenfalls gefallen.

Abiturpreis Wirtschaft 2023

VfS-Abiturpreis Wirtschaft

Der VfS Abiturpreis Wirtschaft ging in diesem Jahr in eine neue Runde und war beliebt wie nie zuvor. Mit fast 600 verliehenen Auszeichnungen wurde ein neuer Rekord erzielt. Den Abiturpreis, bestehend aus einer Urkunde, einem Fachbuch und einer Schnuppermitgliedschaft im Verein, erhielten 285 Abiturientinnen und 301 Abiturienten mit sehr guten Leistungen auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften. Wir danken allen Lehrkräften, die sich mit ihrer Schule für den Abiturpreis 2023 beworben haben. Wir danken zudem der Joachim Herz Stiftung für die großzügige finanzielle Unterstützung. Dank der langjährigen Zusammenarbeit konnten seit Beginn der Förderperiode im Jahr 2018 insgesamt schon fast 2.000 Abiturpreise verliehen werden.

Auch im Jahr 2024 werden wir wieder den Abiturpreis Wirtschaft vergeben. Bewerbungen von Schulen aus dem ganzen Bundesgebiet sind ab Ende März möglich. Schauen Sie bei Interesse gern auf unserer Homepage vorbei.

Vortragsprämienprogramm

VfS-Vortragsprämienprogramm 2023

Das Vortragsprämienprogramm besteht seit nunmehr über 25 Jahren – erstmals ins Leben gerufen wurde es am 5. März 1997. Es richtet sich an Mitglieder des Vereins für Socialpolitik mit ermäßigtem Beitrag, die primär an einer wissenschaftlichen Einrichtung in Deutschland, Österreich oder der Schweiz affiliiert sind.

Der Verein – in diesem Jahr wieder mit großzügiger finanzieller Unterstützung der Deutschen Bundesbank sowie der Schweizerischen Nationalbank – fördert mit dem Vortragsprämienprogramm die internationale Präsenz junger Wirtschaftswissenschaftlerinnen und Wirtschaftswissenschaftler mit einer Prämie in Höhe von 600 Euro für Vorträge auf renommierten internationalen Konferenzen. Durch ein Spendenaufkommen von 25.000 Euro von der Deutschen Bundesbank und 15.000 CHF von der Schweizerischen Nationalbank konnten in diesem Jahr 67 Prämien ausgeschüttet werden. Wir danken den Banken für die Unterstützung des Programms.

Das Vortragsprämienprogramm geht im kommenden Jahr in eine neue Runde. Auf unserer Homepage halten wir Sie dazu auf dem Laufenden.

Aus dem Verein
Wirtschaft verstehen, Zukunft gestalten

Wirtschaft verstehen, Zukunft gestalten

Anlässlich des 150-jährigen Gründungsjubiläums des Vereins wurde die beeindruckende Jubiläumsreihe „Wirtschaft verstehen, Zukunft gestalten“ erstellt. In ihr beantworten 21 Professorinnen und Professoren wichtige volkswirtschaftliche Fragen unserer Zeit, so beispielsweise „Welche Rolle hat der CO₂-Preis im Klimaschutz?“ oder „Wie haben sich Lohn- und Einkommensungleichheit entwickelt?“. Die Jubiläumsreihe richtet sich in erster Linie an Schülerinnen und Schüler, ist aber dennoch für alle Altersgruppen interessant.

Die Beiträge wurden in den vergangenen Monaten durch die FAZ unter der Rubrik „Der Volkswirt“ aufgegriffen und zudem zu einem Großteil in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz auch als Videoformat veröffentlicht. Schauen Sie gern einmal in die Beiträge (hier) oder die Videos zum Thema (hier). Herzlichen Dank an alle Mitwirkenden!

JT 2023

VfS-Jahrestagung 2023: Growth and the 'sociale Frage'

In diesem Jahr stand die VfS-Jahrestagung unter dem Motto „Growth and the ‚sociale Frage‘“. Sie kehrte damit im Jahr des 150. Gründungsjubiläums auch inhaltlich zu den Ursprüngen des Vereins zurück. Die Tagung – und insbesondere die drei faszinierenden Keynotes von Charlotte Bartels, Albrecht Ritschl und Dietrich Vollrath – zeigte, dass die „sociale Frage“ nichts an ihrer Aktualität verloren hat.

So war die Kerntagung, der älteste Teil der Tagung und in diesem Jahr organisiert von Davide Cantoni, ein exzellenter Ankerpunkt für akademischen Austausch und Denkanstöße für die Zukunft. Der Austausch wurde dann in der Offenen Tagung, organisiert von Sebastian Braun, nochmals besonders deutlich. In etwa 400 Vorträgen zeigten sich die Wirtschaftswissenschaften von ihrer besten Seite: Vielen Dank für all die spannenden Themen und exzellenten Diskussionen.

Den Höhepunkt der Tagung bildete der Festakt am 25. September 2023 mit Bundesfinanzminister Christian Lindner als Festredner. In seiner Rede zur „Finanzpolitik in der Zeitenwende“ fand er unter anderem auch ein offenes Ohr für die Wünsche der Anwesenden nach einem besseren Datenzugang – ein Thema, welches dann auch in der Medienberichterstattung noch einmal vielfältig aufgegriffen wurde.

Schlussendlich danken wir noch einmal allen Beteiligten, allen voran Jürgen Jerger und seinem Team, für die großartige Organisation und allen Sponsoren für ihre Unterstützung. Im 150. Jahr der Vereinsgründung blicken wir nicht ohne Stolz auf eine wissenschaftlich breit aufgestellte, akademisch hochkarätige und vielfältige Tagung. Wer mag, kann sich gern auch auf Flickr noch einmal die besten Erinnerungen ansehen: hier geht es zu den Fotos.

Im nächsten Jahr findet die Jahrestagung übrigens in Berlin statt. (Mehr dazu weiter unten.)

Preisträgerinnen

Preise auf der Jahrestagung 2023

Auf der diesjährigen Jahrestagung wurden folgende Preise verliehen:

  • David Dorn erhielt den Hermann-Heinrich-Gossen-Preis
  • Veronika Grimm erhielt den Gustav-Stolper-Preis
  • Hanna Schwank erhielt den Reinhard-Selten-Preis (Young Author Best Paper Award)

Der schönen Tradition folgend haben wir kurze Interviews mit den Preisträgerinnen und dem Preisträger geführt.

 

Ein Blick zurück: Was hätten Sie als Studentin bzw. Student der Wirtschaftswissenschaften gern früher gewusst?

David Dorn: Dass sich die Ökonomik nicht nur mit abstrakten Konzepten und Modellen befasst, sondern auch mit vielen sozialen Problemen, mit denen die Menschen in ihrem Alltag konfrontiert sind.

Veronika Grimm: In meinem Studium fehlte eine tiefergehende Veranstaltung zur Spieltheorie – das hätte ich gerne früher gelernt – ich habe mir da im Zuge meiner Diplomarbeit vieles selbst beigebracht und erst während der Promotion Kurse besucht und auch Lehrveranstaltungen zur Spieltheorie unterstützt. Das hat mir viel Freude bereitet.

Hanna Schwank: Als Studentin hätte ich gerne früher gewusst, wie vielfältig die VWL ist. Der Studienbeginn fokussiert naturgemäß auf den konventionellen makro- und mikroökonomischen Theorien. Meine Begeisterung für das Fach entfaltete sich jedoch erst vollständig, als ich mich mit Fragestellungen auseinandersetzte, die Schnittmengen zu anderen Disziplinen wie Soziologie, Psychologie, Politikwissenschaften und Geschichte aufwiesen.

 

Ein Blick ins Jetzt:  Was beschäftigt Sie gerade am meisten in Ihrer Forschung?

David Dorn: Ich studiere, wie sich Globalisierung und technologischer Wandel auf Arbeitsmarkt, Gesellschaft und Politik auswirken. Große Umwälzungen im Arbeitsmarkt können erstaunlich lange andauernde gesellschaftliche Probleme hervorrufen.

Veronika Grimm: Ich beschäftige mich mit Energiemärkten, vor allem mit der Frage, wie sich der globale Energiehandel im Zuge der Transformation zur Klimaneutralität verändern wird und welche Gestaltungsmöglichkeiten es für Europa gibt. Wir werden in 20 Jahren große Mengen grünen Wasserstoffs und darauf basierender Energieträger importieren. Es besteht jetzt die Chance, die Importe von vorn herein zu diversifizieren – vor allem haben viele Demokratien weltweit günstige Bedingungen für die Produktion von grünem Wasserstoff.

Ein zweites Forschungsthema die Informationsverarbeitung der Individuen in Zeiten sozialer Medien. Es gibt viele bereits bekannte Verzerrungen bei der Interpretation von Informationen, die man über soziale Netzwerke erhält. Mich interessiert, welche Bedeutung diese bei der Nutzung von sozialen Medien haben, wie dies missbräuchlich genutzt werden kann und wie man durch geeignete Rahmenbedingungen die missbräuchliche Nutzung sozialer Medien eindämmen kann.

Hanna Schwank: Aktuell widme ich mich zwei zentralen Forschungsthemen. Zum einen erforsche ich die Auswirkungen von Naturkatastrophen auf unmittelbar betroffene Personen und Haushalte, wobei ich zum Beispiel die Auswirkungen auf die Berufstätigkeit unter die Lupe nehme. Darüber hinaus beschäftige ich mich intensiv mit Geschlechterunterschieden auf dem Arbeitsmarkt, wobei mein aktuelles Schwerpunktthema der Gender Pay Gap ist.

 

Ein Blick nach vorn: Die deutsche Bundesregierung plant gerade ein neues Forschungsdatengesetz. Was sollte definitiv im neuen Forschungsdatengesetz stehen?

David Dorn: Es wäre wünschenswert, dass vom Staat erhobene Administrativdaten grundsätzlich für Forschungszwecke zugänglich gemacht werden müssen. Besonders wichtig scheint mir ein guter Datenzugang für Nachwuchsforschende, die weder über ein weites Beziehungsnetzwerk noch über ein großes Forschungsbudget verfügen.

Veronika Grimm: Man sollte eine outputorientierte Statistikgesetzgebung umsetzen, bei der den Institutionen viel Freiheit bei der Identifikation und der Erhebung der notwendigen Daten zugestanden wird. Außerdem sollte die Forschung ein hohes Gewicht bei der Güterabwägung erhalten, administrative Daten sollten umfangreicher für die Forschung nutzbar gemacht und Datenverknüpfung zu Forschungszwecken erleichtert werden.

Hanna Schwank: Meiner Ansicht nach sollten im neuen Forschungsdatengesetz die Verknüpfbarkeit und der Zugang zu Daten als zentrale Punkte verankert werden. In Deutschland werden zwar viele Daten erhoben, jedoch bleibt das Potenzial oft ungenutzt, da rechtliche Beschränkungen die Verknüpfung unterschiedlicher Datensätze behindern. Des Weiteren ist es entscheidend, dass alle relevanten Datensätze der gesamten Wissenschaftsgemeinschaft zugänglich gemacht werden, unabhängig von der Zugehörigkeit zu bestimmten Institutionen.

Jahrestagung 2024

VfS-Jahrestagung 2024

Die Jahrestagung 2024 findet vom 15. bis zum 18. September 2024 an der TU Berlin statt. Das Thema der Kerntagung lautet „Upcoming Labor Market Challenges“. Neben der Kerntagung gibt es auch wieder eine „Offene Tagung“, zu der aus allen Bereichen der Wirtschaftswissenschaften Paper für einen Vortrag eingereicht werden können. Parallel zu den Einzelvorträgen sind auch wieder „Organisierte Sessions“ möglich. Die Einreichfrist ist vom 1. Februar 2024 bis zum 1. März 2024. Weitere Informationen entnehmen Sie gern unserer Homepage.

Vereinszeitschriften
GER und PWP

Perspektiven der Wirtschaftspolitik

In diesem Jahr hat der Verein für Socialpolitik sein 150. Gründungsjubiläum gefeiert. Die erste Ausgabe 2023 der „Perspektiven der Wirtschaftspolitik“ widmete sich in der Rubrik „Aus aktuellem Anlass“ der historischen Entwicklung des Vereins – eine schöne Einstimmung auf unser Jubiläum, das in diesem Jahr in Regensburg feierlich begangen wurde. Zu diesem Anlass hat Bundesfinanzminister Christian Lindner – mit einer kleinen Verspätung und dadurch umso länger musikalisch unterhaltsam eingeleitet – über die „Finanzpolitik in der Zeitenwende“ gesprochen. Es folgte indes die Zeitenwende in der Finanzpolitik mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu der Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz und damit der Nichtigkeit des zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021 – die Perspektiven der Wirtschaftspolitik haben sich verändert, der Diskussionsbedarf ist gewachsen.

Dem Ziel, die Perspektiven der Wirtschaftspolitik mit gehaltvollen, aktuellen und relevanten Beiträgen als zunehmend unverzichtbares Medium des wirtschaftspolitischen Diskurses im deutschsprachigen Raum zu entwickeln, sind wir in diesem Jahr durchaus nähergekommen. So haben beispielsweise Clemens Fuest und Niklas Potrafke den US-amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA) vor dem Hintergrund europäischer Handlungsmöglichkeiten analysiert – und gezeigt, dass Europa schlecht beraten wäre, in einen plumpen Subventionswettlauf einzutreten. Ähnliches gilt auch für den Artikel von Reint Gropp und Alexander Reifschneider, in dem sie beleuchten, dass Subventionen für Produktionsanlagen für Halbleiter nur schwer zu rechtfertigen sind. Mit Blick auf die jüngsten haushaltspolitischen Verwerfungen gewinnen diese Erkenntnisse nochmals an Bedeutung.

Ähnlich brisant war die Analyse von Christian von Hirschhausen und Alexander Wimmers, die aufzeigt, wie lange uns der Rückbau der abgeschalteten Kernkraftwerke und die Entsorgung radioaktiver Abfälle noch begleiten werden – und welche schwerwiegenden ordnungspolitischen Fragen daraus erwachsen. Und dies sind nur einige ausgewählte Beispiele für die spannenden Beiträge in unseren Perspektiven in diesem Jahr. Besondere Freude bereitet mir als Herausgeber die Möglichkeit, in der Rubrik Unsere Welt in Zahlen jeweils einen Sachverhalt kompakt für unsere Leserinnen und Leser aufzubereiten. So habe ich unter anderem die wirtschaftliche Schwäche im Jetzt und die Herausforderungen in der Zukunft unter dem Motto „Ohne zutreffende Diagnose keine gute Therapie“ aufgespießt: Die schwindende Attraktivität Deutschlands als Investitionsstandort zu überwinden, ist der Auftrag für all diejenigen, die Wohlstand, Klimaschutz und soziale Inklusion in Einklang bringen möchten.

Als Team hinter den Perspektiven hoffen wir, dass Sie, liebe Leserinnen und Leser, Freude an der Lektüre unserer diesjährigen Ausgaben hatten und auch die nächsten Ausgaben der Perspektiven mit Freude erwarten. Es wird viel zu diskutieren geben: Nicht zuletzt der Umgang mit der Digitalisierung, Demografie, Dekarbonisierung und Deglobalisierung erfordert intensive Debatten, substanzielle Analysen und evidenzbasierte Lösungen – gewaltige Aufgaben, die ohne eine herausragende Dateninfrastruktur mit hoher Wahrscheinlichkeit misslingen. Daher beschäftigt sich unsere Vereinsvorsitzende Regina T. Riphahn verstärkt mit den Mängeln des Forschungsdatenzugangs und der Verein engagiert sich vehement für einen besseren Datenzugang. Ihnen, uns allen, wünsche ich, dass dieser Wunsch in Erfüllung geht. Abschließend wünsche ich Ihnen einen erfolgreichen Jahresendspurt, eine besinnliche Weihnachtszeit und für das neue Jahr alles Gute sowie beste Gesundheit.

Ihr Christoph M. Schmidt

Federführender Herausgeber

Editorenwechsel bei der German Economic Review

Mit Ende des Kalenderjahres 2023 endet meine Tätigkeit statutengemäß nach acht Jahren als federführender Herausgeber der German Economic Review. Die Herausgebertätigkeit hat im Team mit Nora Strecker von University College Dublin großen Spaß gemacht. Ich möchte mich hier bei all jenen bedanken, die die Zeitschrift mit ihren Beiträgen bereichert haben. Es gab in den letzten Jahren einige Highlights. Zum Beispiel der Sonderband zu deutschen Datensätzen hat den Impactfactor beflügelt und ist bei unseren Lesern auf großes Interesse gestoßen. Zudem hat Covid nicht nur Probleme beschert, sondern auch interessante und einflussreiche Artikel entstehen lassen.

Mit Hartmut Egger wird die Zeitschrift einen guten federführenden Herausgeber für die nächsten Jahre haben. Nora Strecker wird für administrative Kontinuität sorgen. Es gibt schon jetzt gute Konzepte und neue Ideen. Wir alle hoffen, dass die Mitglieder, aber auch Autoren außerhalb des Vereins, in Zukunft die Zeitschrift mit Beiträgen und nicht zuletzt mit Zitationen unterstützen. Ich wünsche dem Herausgeberteam viel Erfolg.

Peter Egger

Federführender Herausgeber

Auszeichnungen
Schmölders Preis

Preis der Schmölders-Stiftung für Verhaltensforschung im Wirtschaftsleben

Der Wirtschaftshistorische Ausschuss vergibt im Jahr 2024 den Schmölders-Preis der Schmöders-Stiftung für Verhaltensforschung im Wirtschaftsleben

Dieser von der Schmölders-Stiftung für Verhaltensforschung im Wirtschaftsleben gestiftete Preis ist mit 3.000 Euro dotiert und wird im jährlichen Turnus abwechselnd vom Sozialwissenschaftlichen Ausschuss, dem Finanzwissenschaftlichen Ausschuss und dem Wirtschaftshistorischen Ausschuss vergeben.

Ausgezeichnet werden Aufsätze von Autor:innen, die Mitglieder des Vereins für Socialpolitik sind. Es können Arbeiten aus dem Gebiet der wirtschaftshistorischen Forschung eingereicht werden, die sich durch Originalität und hohes wissenschaftliches Niveau auszeichnen. Eingereichte Aufsätze müssen bereits publiziert oder zur Publikation angenommen worden sein. Das Jahr der Publikation darf nicht mehr als drei Kalenderjahre zurückliegen.

Über die Vergabe des Preises entscheidet eine Jury, die aus der Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaftsgeschichte, Prof. Sibylle Lehmann-Hasemeyer, Ph.D., den drei Ausschussmitgliedern,  Prof. Davide Cantoni, Ph.D., Prof. Dr. Carsten Burhop und Prof. Dr. Christina Lubinski sowie (mit beratender Stimme) dem Vorsitzenden des Kuratoriums der Schmölders-Stiftung, Prof. Dr. Kilian Bizer, besteht.

Die Preisträgerinnen und Preisträger werden zur Jahrestagung des Wirtschaftshistorischen Ausschusses (6.-8. März 2024 in Köln) eingeladen und stellen dort die prämierte Arbeit vor. Die Preisträgerinnen und Preisträger werden auf der Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik bekannt gegeben.

Einreichungen im PDF-Format können bis zum 31. Dezember 2023 an die Vorsitzende des Wirtschaftshistorischen Auschusses Sibylle Lehmann-Hasemeyer (slehmann@uni-hohenheim.de) gerichtet werden.

Weitere Initiativen
YES!

Yes! Young Economic Solutions

Das YES! – Young Economic Solutions ist einer der größten Schulwettbewerbe rund um wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen für die junge Generation. Schüler:innen ab der 10. Jahrgangsstufe erarbeiten Lösungen für globale ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Herausforderungen und präsentieren diese im Rahmen eines Schulkongresses. Engagierte Wissenschaftler:innen von wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Instituten stellen die Themen und arbeiten mit den Schulteams auf Augenhöhe an der Ideenentwicklung. Auf dem Weg zum YES! werden alle teilnehmenden Schulen kontinuierlich zu den Themen Recherche, Forschung, Präsentation und Medienarbeit unterstützt und begleitet. In diesem Rahmen wird den Jugendlichen auch die VfS-Reihe „Wirtschaft verstehen, Zukunft gestalten“ als Ressource bereitgestellt. So können sich die Teams zusätzliches Wissen für aktuelle Fragen aneignen. Bis zum 17. Dezember 2023 ist die Anmeldung für das YES! 2024 noch möglich. www.young-economic-solutions.org

Termine

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Gendarmenmarkt

Wir danken allen Vereinsmitgliedern, die uns seit Jahren die Treue halten oder erst kürzlich in den Verein eingetreten sind. Wenden Sie sich bei Fragen und Anregungen gern jederzeit an die VfS-Geschäftsstelle und bleiben Sie gesund.

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